Sammlung Das mittelalterliche Zentralasien und China schufen Seidenstoffe von unvergleichlicher Pracht

Ausgehend vom spätantiken Persien, hatten sich im mittelalterlichen Zentralasien und in Nordchina technisch und künstlerisch hochstehende Methoden der Metallbearbeitung, Glasherstellung und Seidenweberei entwickelt. Letztere zeichnet sich durch eine ungeheure Farbenpracht sowie durch aufwendig gestaltete Dekore aus. Besonders beliebt scheinen Medaillonmuster mit Tiermotiven gewesen zu sein. Aus diesen Stoffen wurden herrschaftliche Gewänder, Fahnen, aber auch Sattelbezüge gefertigt.

Löwenstoff

In grossformatigen Medaillons stehen majestätische Löwen, den Kopf dem Betrachter zugewandt. In den Halbkreisen der Medaillonrahmen dagegen rennen abwechselnd Raubtiere und Huftiere hintereinander her, vielleicht eine Jagd darstellend. Eine kurze, mit Tinte aufgeschriebene alttibetische Inschrift lässt annehmen, dass der Stoff im Zusammenhang mit einer Bestattung verwendet wurde. | Zentralasien, Mitte 8. – Mitte 9. Jahrhundert, Seidengewebe (Samit), Medaillondurchmesser ca. 79 cm, Inv. Nr. 4864

Gelappte Schale

Unter der Herrscherdynastie der Sasaniden (224–642) entwickelte sich im spätantiken Persien eine verfeinerte höfische Kultur, deren Einflüsse bis nach China und Zentralasien reichten. Neben der Seidenweberei nahmen Metallkunst und Glasherstellung hohen Rang ein. Die flache, gelappte Schale zeigt die sasanidische Goldschmiedekunst auf ihrem Höhepunkt. Sie ist aussen abwechselnd mit feinen Riefen und schwarz ausgeschmolzenen Ornamenten verziert. Das Zentrum im Innern nimmt die Darstellung eines laufenden Ebers ein. | Iran, 5.–6. Jahrhundert, Silber, getrieben, nielliert, vergoldet, L. 24,6 cm, Inv. Nr. 8.123.65

Sattelbezug

Das dichte, schwere Seidengewebe ist mit nicht weniger als acht verschiedenen Farben gewebt und war einst kräftig bunt mit rotem Grund. Verantwortlich für das heutige, zu Beige verblasste Kolorit sind die sehr unstabilen verwendeten Färbemittel. Der eigentliche Sattel bestand aus Holz, die Sattelbögen muss man sich mit Metallbeschlägen geschmückt vorstellen. | Zentralasien, Ende 8. – Mitte 9. Jahrhundert, Seidengewebe (Samit), L. 64 cm, Inv. Nr. 4866/4870/4906/4922

Wollgewebe mit Putten

Die zwei Abschnitte vom Vorderteil eines Gewandes wurden im Friedhof Yingpan (Xinjiang, China) gefunden. Stil und Motivwahl des Stoffes sind spätantik-hellenistisch beeinflusst, aber mit charakteristisch zentralasiatischen Elementen durchsetzt. Die Symbolik der Schmetterlinge jagenden Eroten und des Zweikampfes zwischen Adler und Schlange ist ganz auf Nachleben und Überwindung des Todes ausgerichtet. | Östliches Zentralasien, 5.–6. Jahrhundert, Wollgewebe (Taqueté), H. 114,5 cm, B. 44 und 54 cm, Inv. Nr. 5073/5175

Hirschenstoff

Kreismedaillons, klassischerweise gerahmt von Perlbändern, gelten als das wichtigste Gestaltungs- und Erkennungselement persischer Seidengewebe. In verschiedenen Abwandlungen prägten sie während Jahrhunderten die Seidenweberei von China bis Byzanz. Hier rahmen Ketten von Blütenknospen Paare von streng stilisierten Hirschen. Die leuchtendbunte, fast naive Farbgebung ist ungewöhnlich gut erhalten. | Zentralasien, 7.–8. Jahrhundert, Seidengewebe (Samit), H. 52 cm, B. 35,5 cm, Inv. Nr. 4901

Kopfbedeckung

Die hochaufragende Flügelkrone wurde einst nur von versteifenden Einlagen und mit Hilfe der Schleifenbänder in Form gehalten. Sie ist mit Phönixen geschmückt, die einer Flammenperle nachjagen. Der Phönix wird mit dem roten Vogel, dem Tier des Südens, identifiziert und steht für die Kaiserin, der er allerdings zur Zeit der Liao noch nicht allein vorbehalten ist. Die Krone wurde sicher von einer Frau getragen, von deren Kopfputz sich noch weitere, in Rot und Blau gehaltene Seidenschleifen erhalten haben.| Nordchina, Liao-Dynastie, 1. Hälfte 11. Jahrhundert, Seidengaze, bestickt mit vergoldeten Papierstreifchen und Seide, H. 72 cm, Inv. Nr. 5250

Robe mit Löwen und Drachenfischen

Das Mantelkleid ist nachweislich als äusserste von mehreren Gewandschichten getragen worden. Das mag seine Grösse, die für eine Frau viel zu voluminös erscheint, teilweise erklären. Wahrscheinlich wurde die Robe mit einem Gürtel geschlossen. Solche bestanden nicht selten aus Edelmetall und galten, wie Schmuck, als Statussymbole. Auf dem Seidengewebe fügen sich vier Löwen, die eine Flammenperle jagen, zu Medaillons; in den Zwickeln wenden sich vier Drachenfische einem Rautenornament zu. | Nordchina, Liao-Dynastie, 1. Hälfte 11. Jahrhundert, Seidengewebe (beidseitig schusswirkender Samit), wattiert und gefüttert, H. 148 cm, Inv. Nr. 5239

Goldstoff mit Falkenpaaren

Für die Mongolen, die ab 1206 sukzessive China, Zentralasien und Persien unterwarfen, war Gold nicht nur ein überaus wertvolles Material, sondern auch die dem Herrscher zugeordnete Farbe, die tiefe, spezifisch kosmologische Bedeutung besass. Fast ausschliesslich golden war ursprünglich auch die Wirkung dieses Stoffes, bei dem der einst rote Grund nur noch kleinteilig-lineare Konturen und Restflächen bildet. | Ostiran oder Zentralasien, Ende 12. – 1. Hälfte 13. Jahrhundert, goldgemustertes Seidengewebe (Lampas), H. 127 cm, B. 84 cm, Inv. Nr. 4905