Sammlung Ägypten und der Alte Orient prägten sechstausend Jahre antiker Kultur

Die ältesten Objekte der Sammlung Abegg stammen aus Ägypten und dem Alten Orient. Sie entstanden in den Epochen vom 6. Jahrtausend bis zum 3. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung. Vor allem die in kultisch-rituellen Handlungen verwendeten Gefässe und Figuren zeichnen sich durch wertvolle Materialien, Formenreichtum und kunstvolle Bearbeitung aus.

Doppelkopfgefäss

Seit dem ausgehenden 7. Jahrtausend entwickelte sich im Südwesten Anatoliens eine vielfältige jungsteinzeitliche Kultur. Ihren bedeutendsten Ausdruck fand sie in kunstvoll gearbeiteten Tonwaren, die den Beginn der technisch hochstehenden Gefässkeramik des Mittelmeerraums bezeichnen. Eine Besonderheit stellen bemalte Gefässe in Menschengestalt dar. Hüfte und Oberschenkel werden durch den weit ausladenden Bauch des Gefässes verkörpert. Die Arme sind als Henkel geformt, die Ausgüsse bilden das Gesicht. | Anatolien, 5900–5600 v. Chr., Irdenware, bemalt, H. 32 cm, Inv. Nr. 3.113.72

Kopf eines Idols

Auf der Grundlage von Landwirtschaft, Fischfang und Metallbearbeitung entfaltete sich im 3. Jahrtausend v. Chr. auf der Inselgruppe der Kykladen im Ägäischen Meer eine bedeutende bronzezeitliche Kultur. Sie zeichnete sich künstlerisch durch die hochentwickelte Fähigkeit zur Marmorbearbeitung aus. Zu den charakteristischsten Erzeugnissen der frühen Kykladenkultur gehören figürliche Idole mit stark stilisierten Körperformen, die teilweise nahezu Lebensgrösse erreichten. Sie wurden wohl vor allem im Grabkult verwendet. | Kykladen, 2700–2400 v. Chr., Marmor, H. 16 cm, Inv. Nr. 10.58.66

Falke

Der Falke ist eines der wichtigsten göttlichen Tiere Ägyptens. Er verkörpert den Himmelsgott Horus und dessen Stellvertreter auf Erden, den König. In der späten Pharaonenzeit gewann die kultische Verehrung der Falken immer grössere Bedeutung. Die Tiere wurden kunstvoll mumifiziert und auf eigenen Friedhöfen bestattet. In Grabkammern und Tempeln wurden vielfach auch Bronzefiguren der Tiere als Weihegeschenke niedergelegt. | Ägypten, 7.–4. Jahrhundert v. Chr., Bronzehohlguss, graviert, H. 19 cm, Inv. Nr. 10.19.63

Steingefäss

Im 3. Jahrtausend v. Chr. erreichte die Herstellung von Steingefässen im Alten Ägypten einen unübertroffenen Höhepunkt. Die kunstvoll gearbeiteten Gefässe dienten zur Aufnahme kostbarer Salben und Essenzen. Sie wurden sowohl im religiösen Kult als auch für Medizin und Kosmetik verwendet. Viele waren darüber hinaus mit Inschriften versehen, die ihnen den Charakter eines Festgeschenks verliehen. Der kleine Alabasterbecher trägt den Namen des Königs Pepi I. und wurde zum einjährigen Regierungsjubiläum des Königs gestiftet. | Ägypten, um 2250 v. Chr., Alabaster, H. 14 cm, Inv. Nr. 6.31.68

Knopfbecher

Schon im 3. Jahrtausend v. Chr. entwickte sich in den metallreichen Bergregionen im Westen und Nordwesten des Iran die Kunst der Metallverarbeitung. In der frühen Eisenzeit, etwa ab 1300 v. Chr., setzte die Herstellung von Metallgerät in grossem Umfang ein. Es entstand eine Fülle verschiedener Schmuckformen und Gerätetypen, die von lokalen Werkstätten gefertigt wurden. Unter den Gefässen nehmen die sog. Knopfbecher eine besondere Stellung ein. Ihr figürlicher Schmuck lässt Einflüsse der assyrischen und babylonischen Hofkunst erkennen. | Iran, 10.–9. Jahrhundert v. Chr., Bronze, getrieben, H. 12,5 cm, Inv. Nr. 8.194.72

Goldband

Das Goldband besteht aus feinsten Drahtösen, die zu Doppelschlaufen gebogen und zu langen Ketten miteinander verbunden sind. Die nebeneinander liegenden Kettenglieder werden jeweils durch quer verlaufende Drahtschlaufen zusammengehalten. Die Enden sind mit Drahtflechtbändern und kleinen Dreiecken in Granulationsarbeit verziert. Das Band diente wohl als Teil eines Gürtels, der durch Stoff- oder Lederstreifen ergänzt und verschlossen werden konnte. | Iran, 8.–7. Jahrhundert v. Chr., Golddraht, Granulation, L. 49,5 cm, B. 4,5 cm, Inv. Nr. 8.121.65

Geflügelter Genius

Das Relieffragment stammt aus dem Palast des assyrischen Königs Assurnasirpal II. (883–859 v. Chr.) in Nimrud im nördlichen Irak. Es zeigt den Kopf eines Schutzgottes, der zur Begleitung des Königs bei rituellen Handlungen gehört. Der Genius ist mit Flügeln versehen und trägt einen gehörnten Helm. Haupt- und Barthaar sind in Locken gedreht. Ein zylindrischer Ohring und eine Halskette dienen als Schmuck. In Nimrud waren nahezu alle Innenräume des Palasts mit reliefierten oder bemalten Alabasterplatten ausgekleidet. | Nimrud, 883–859 v. Chr., Alabaster, H. 59 cm, B. 62 cm, Inv. Nr. 12.2.63

Rhyton

Für Trankopfer vor den Götterbildern oder beim festlichen Mahl verwendete man im Alten Orient häufig kostbare Gefässe. Besonders beliebt waren Becher in Gestalt von Tieren oder Tierköpfen. Das Lapislazuligefäss ist oben mit einer Einfüllöffnung und vorn mit einem kleinen Ausguss versehen, durch den die Flüssigkeit in eine Trinkschale geleitet werden konnte. Die Kostbarkeit des Materials und die strenge Stilisierung der Formen sind charakteristisch für die iranische Kunst unter der Herrscherdynastie der Achaemeniden. | Iran, 6.–5. Jahrhundert v. Chr., Lapislazuli, Gold, H. 18 cm, Inv. Nr. 6.7.63